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Gründungsgeschichte

Vom Rettungscorps zur neuen Feuerwehr

Obwohl schon seit Jahren Feuerspritzen im Einsatz standen, wurden die politischen Gemeinden erst durch die kantonale Feuerpolizeiverordnung vom 7. Juli 1862 verpflichtet, mindestens eine gut eingerichtete Feuerspritze und eine entsprechende Menge von Taussen, Schöpfgeräten, Leitern, Haken und Windlichtern zu halten. Diese Verordnung verpflichtete die taugliche männliche Bevölkerung im Falle eines Brandunglückes Hilfe zu leisten und sich zum Feuerlauf-, Spritzen-, Handwerker-, Feuerleitern-, oder Flöchnercorps, zur Wache oder als Feuerbote einteilen zu lassen. Diese kantonalen Vorschriften fanden ihren Niederschlag in einer gemeindlichen Löschordnung des Feuerrates vom 20. August 1863. In seinem Protokoll wird dazu vermerkt: «... es sei die Löschordnung dem Druck zu übergeben und hierfür wenigstens 400 Exemplare drucken zu lassen. Auch soll eine genügende Anzahl Feuerzedel für die eingeteilte Mannschaft gedruckt oder lithographiert werden».

Vergütung für Pferde

Das Aufbieten der Pferde für den raschen Transport der Feuerspritze verursachte den Behörden viel Mühe. Die Pferdebesitzer verhielten sich zurückhaltend, da ihnen das Ausrücken oft ungelegen kam und der Feuerrat eine strenge Bussenpraxis ausübte. Am 18. Januar 1874 nahm der Feuerrat zur Kenntnis, «dass die Anglo-Swiss Condensed MiIk Co. auf Anfrage geantwortet habe, dass sie den Transport der Feuerspritze nicht übernehmen könne; sie werde aber im Notfalle dem Feuerrat gerne unentgeltlich zwei Pferde zur Verfügung stellen». Ein Vertragsabschluss mit nahe gelegenen Pferdebesitzern konnte nicht erzielt werden, und der Feuerrat beschloss, bei Bränden für das schnelle Erscheinen mit Pferden Prämien auszusetzen. «In Bestimmung von Prämien für das schnelle Erscheinen mit eingeschirrten Pferden beim Spritzenlokal in Cham zum Zwecke des Transportes der Feuerspritze auf Commissional-Auftrag und gestützt auf §8 al. 6 der Löschordnung vom 7. September 1871 beschlossen, sobald mit den Glocken gestürmt wird, folgende Entschädigungen zu verabfolgen:

«Für die zuerst erscheinenden vier Pferde je 1.50 Fr., für die nachfolgenden zwei Pferde je 1.00 Fr. Bei nachheriger Requirierung der Pferde zur Bespannung der Spritze auf dem Brandplatz und zurück soll für jedes Pferd samt Fuhrmann ferner vergütet werden: Bei Brandfällen ausser der Kirchgemeinde 4.00 Fr., bei Brandfällen innert der Kirchgemeinde 3.00 Fr.»

Feuerwehrmaterial im 19. Jahrhundert

Dem Feuerwehrmaterial wurde von der Behörde grösste Aufmerksamkeit geschenkt. So ist im Protokoll vom 8. Dezember 1879 zu lesen: «Das Titl. Präsidium macht die Mitteilung, dass die Ausschusskommission über die Löschgerätschaften lnspection gemacht und anlässlich auch das Inventar gezogen habe. Was den Zustand der Löschgerätschaften im Allgemeinen betrifft, so sei derselbe nun ein befriedigender, einzig in Rumentik müssen dem dortigen grossen Haken eine neue Stange angebracht werden.» Mit der Bezugnahme auf die bisher ungenügende Aufsicht über die Feuerleitern und Haken wurde beschlossen, in jeder Korporation einen eigenen Aufseher zu bestimmen.

Wer Löschgerätschaften zum Privatgebrauch benutzte, wurde nebst Schadenersatz zu einer Busse von zwei Franken bis zehn Franken verfällt. Von grosser Bedeutung waren die Feuerweiher. Ihr Unterhalt war meistens die Aufgabe der betreffenden «Corporation». An die Baukosten gewährte die Gemeinde Beiträge, nachdem die Weiler angehalten wurden, solche zu erstellen. So reichten anfangs 1874 Kostenvoranschläge ein: Die Corporation Lindencham für 492 Franken, Corporation Rumentikon für 400 bis 600 Franken und die Corporation Friesencham für 592 Franken. Für einen Feuerweiher ohne Mauerwerk wurden 115 Franken verlangt. Der Feuerrat lehnte alle ab, weil übersetzt, und beschloss 700 Franken in das Budget aufzunehmen.

Die Feuerwehr funktionierte in den 1860er Jahren offenbar sehr gut. Die Mannschaft rückte zur Bekämpfung von Feuersbrunsten auch in die Nachbargemeinden aus. Am 25. April 1863 dankte der Stadtrat von Zug dem Gemeinderat von Cham in einem Brief, dessen Original sich im Gemeindearchiv befindet: «Im Rapport über den am 16.d.M. durch den Blitz verursachten Brand des Zeitglockenturms unserer Stadt ist Ihre Hülfsmannschaft lobend erwähnt. Wir finden es deshalb in unserer Pflicht, Ihnen zuhanden Ihrer braven Hülfsmannschaft unsere volle Anerkennung und unseren tiefgefühlten Dank zu beurkunden.» Am 18. September 1879 schrieb auch der Gemeinderat von Knonau: «Wir finden uns verpflichtet, Ihnen hierdurch den wärmsten Dank auszusprechen für die schnelle und kräftige Hilfe, die uns letzten Sonntag bei dem hier stattgehabten Brandunglück von Ihnen zu Theil geworden ist, und geben Ihnen die Versicherung, dass wir nichts ermnangeln werden, vorkommendenfalls Gegendienste zu leisten.»

Der Turnverein als Feuerwehr?

Trotzdem vermochten die Verhältnisse offenbar auf die Dauer nicht zu befriedigen. Am 21. März 1884 schrieb nämlich Alois Heinzer im Namen des Turnvereins dem Gemeinderat: «In Ermangelung einer freiwilligen Feuerwehr Cham beschliesst der Turnverein, bei öffentlichen Unglücksfällen in der Gemeinde, zum Beispiel Feuersbrunsten, gesellschaftlich Hilfe zu leisten. Sammelplatz bei solchen Fällen ist das Spritzenhaus in Cham. Der Verein erklärt sich bereit, sobald eine geordnete freiwillige Feuerwehr von Cham gegründet ist, derselben beizutreten und auch selbst die Gründung einer solchen nach Kräften zu fördern.» Kaum ein Jahr später, am 4. Januar 1885, empfahl auch der Grütliturnverein die Gründung eines Rettungskorps. Seine Kasse sei aber zu schwach, um die erforderlichen Gerätschaften anzuschaffen. Daher stelle er dem Feuerrat und dem Gemeinderat gleichzeitig das Gesuch um Unterstützung, weil solche Anschaffungen Sache der Gemeinde sein sollten.

Aufgrund dieser Vorstösse erliess der Gemeinderat von Cham am 10. Dezember 1885 und gestützt auf die kantonale Feuerpolizei-Verordnung das erste Reglement über die Feuerwehr, das am 14. Mai 1886 von der kantonalen Justiz- und Polizeikommission genehmigt wurde. Es bestimmte in § 1: «Jeder taugliche männliche Einwohner der Gemeinde Cham vom angehenden 18. bis zum 50. Altersjahr ist zum Dienst in der Feuerwehr pflichtig und verbleibt so lange in der ihm zugewiesenen Stellung, bis ihm die Versetzung oder die Entlassung angezeigt wird. Jeder Dienstpflichtige, der mehr als 25 Jahre im Spritzencorps eingeteilt war, kann die Versetzung in ein anderes Corps verlangen.»

Die Gemeinde wurde in die Feuerbezirke 1 (Cham, Städtli, Enikon, Lindencham, Friesencham) und 2 (Grobenmoos, Ochsenlon, Wolfacher, Hagendorn, Rumendick, Wyl, Oberwyl, Bibersee und Frauenthal mit den Lehhöfen) eingeteilt, Organisation, Befugnisse und Obliegenheiten des Feuerrates wurden genau umschrieben, ebenso jene der einzelnen Corps: Spritzencorps, Leitern- und Hakencorps, Flöchnercorps, Feuerboten- und Alarmcorps, Feuerweiher-Aufseher, Panner- oder Hülfscorps und die Fuhrleute. Bei Brandfällen in der Gemeinde wurden keine Entschädigungen ausbezahlt. Für den Probenbesuch erhielt jeder Mann 50 Rappen vergütet und 1 Franken bei Brandfällen ausserhalb der Gemeinde. Für verspätetes oder Nichterscheinen zu Proben oder zu Brandfällen mussten Bussen entrichtet werden. Den Dienstpflichtersatz kannte das Reglement noch nicht.

Jedes Jahr wurde ein Inventar über die vorhandenen Gerätschaften aufgenommen. Dem Verzeichnis vom 31. Dezember 1886 ist zu entnehmen, dass der Gesamtwert der Geräte 3409 Franken betrug und dass sich darunter bereits eine Saugspritze «Schenk» befand. Die Materialien, verteilt auf elf gemeindliche Depots, stellten offensichtlich das Allernotwendigste dar. Wohl aus dieser Situation heraus schrieb die Milchsiederei in einem vom 14. Januar 1888 datierten und von David Page unterschriebenen Brief an den Einwohnerrat, dass die Firma bereit sei, der Gemeinde bei Feuersgefahr während der nächsten sechs Monate ihre Utensilien für den Hydrantenbetrieb zur Verfügung zu stellen. David Page war übrigens als Feuerbote eingeteilt, ist doch im Protokoll des Feuerrates zu lesen: «Wird Notiz genommen, dass Herr Page sein Entlassungsgesuch von der Stelle eines Feuerboten zurückgezogen und somit noch bei diesem Corps verbleiben wolle.»

Man könnte nun vermuten, dass so die obligatorische Feuerwehr geschaffen worden wäre. Das Reglement liess hierüber keine Zweifel offen. Doch behagte die Dienstpflicht, wie sie in § 1 statuiert wurde, vielen männlichen Bürgern nicht. Reaktionen liessen daher gar nicht lange auf sich warten, Schon an der Sitzung vom 7. Dezember 1887 nahm der Feuerrat von einer Zuschrift durch Feuerhauptmann Albert Iten Kenntnis, dass sich bereits ein freiwilliges Feuerwehrcorps gebildet habe und dass bereits Statuten und Reglement vorlägen. Der Feuerrat nahm die Eingabe zur Prüfung entgegen. Am 2. April 1888 meldet das Protokoll des Feuerrates: «Wird Mitteilung gemacht, dass die freiwillige Feuerwehr die für sie vom Feuerrat festgelegten Statuten nebst Dienstreglement angenommen habe, in der Meinung, dass allfällige wünschbaren Abänderungen nach Jahresfrist in Beratung gezogen und dannzumal neuerdings vereinbart werden sollen.»

Im Protokoll wird von diesem Vorbehalt Vormerk genommen. «Damit tritt die freiwillige Feuerwehr an der Hand ihrer‚ Statuten und unter Aufsicht des Feuerrates in Funktion.» So wurde das Reglement von 1885 gegenstandslos; es wurde auch nicht mehr gehandhabt.

Von freiwillig zur Pflicht

Um so mehr überraschte, dass sich die neue freiwillige Feuerwehr nicht bewährte. Schon am 21. April 1893 sah sich der Feuerrat gezwungen, Leute zwangsweise in die Feuerwehr einzuteilen, da der Bestand Jahr um Jahr schwand. An der Sitzung vom 3.April 1895 brachte Feuerhauptmann Albert Iten dem Feuerrat folgenden Antrag ein: «In Anbetracht der unzulänglichen Feuerwehrzustände in der Gemeinde Cham beantragen wir, es habe sich die freiwillige Feuerwehr aufzulösen und statt dessen sei die zwangsweise Rekrutierung einzuführen. Die nicht eingeteilten Einwohner sollen mit einer angemessenen Feuerwehrsteuer belegt werden.» Dieser Antrag, von der freiwilligen Feuerwehr mehrheitlich unterstützt, wurde vom Feuerrat einstimmig genehmigt und zugleich beschlossen, dem Gemeinderat denselben zur gutfindenden Erledigung zu unterbreiten.

Die Zustimmung des Gemeinderates erfolgte am 11. Mai 1895, der den Antrag an eine Kommission überwies. Am Anfang des nächsten Jahres ersuchte der Rat die freiwillige Feuerwehr, ihren Dienst weiterhin bis zum Inkrafttreten des neuen Reglements zu versehen. In der Folge erhob der Gemeinderat am 28. März 1896 das revidierte Feuerwehrreglement zum Beschluss. Die Genehmigung durch die Justizdirektion erfolgte bereits am 9. April 1896. Es bestätigte die Feuerwehrpflicht, umschrieb die Feuerbezirke neu, organisierte die Feuerboten, legte die Sturmzeichen für Brandfälle inner- und ausserhalb der Gemeinde fest, für Cham und Niederwil. Die früher festgesetzten Bussen blieben bestehen. Auf die Feuerwehrsteuer wurde trotz der Forderung von Feuerhauptmann Albert Iten verzichtet.

Aus den Unterlagen geht hervor, dass eigentlich zwei Daten der Chamer Feuerwehr von Bedeutung sind, nämlich der 2. April 1888 mit der Gründung der freiwilligen Feuerwehr, und der 28. März 1896, an dem die Einführung der obligatorischen Feuerwehr beschlossen wurde. Gestützt darauf bestimmte der Gemeinderat am 4. Juli 1983 auf Antrag der Feuerratskommission den 2. April 1888 als eigentliches Gründungsdatum der Feuerwehr Cham.

Der Streik der Feuerwehr Cham

Auch das Reglement von 1896 befriedigte auf die Dauer nicht. Einem Teil der Behörden ging es zu weit, den Feuerwehrmännern trug es in wesentlichen Belangen nicht Rechnung. An der Sitzung vom 9. April 1906 teilte Feuerratspräsident Matthias Henggeler seinen Kollegen mit, dass die uniformierte Feuerwehr streiken wolle. Zehn Tage später lag bereits eine Zuschrift von Ernst Oelhafen vor, in der er im Namen der «Feuerwehr-Compagnie Cham» mitteilte, dass diese ihren Dienst so lange versage, als derselben nicht genügend Leute zugeteilt würden. Weiter wurde die Abänderung des Feuerwehrreglements bis zum 1. August 1906 in dem Sinn verlangt, dass in Zukunft alle männlichen Einwohner im wehrpflichtigen Alter zur Feuerwehr eingeteilt werden und die nicht tauglichen Leute zu einer Ersatztaxe verpflichtet werden. Der Feuerrat leitete diesen Vorstoss an den Gemeinderat weiter. Dieser beschloss, den Kredit für weitere acht Mann zu bewilligen und diese auszurüsten und leitete die Revision des Reglements in die Wege. Damit konnte die Krise beigelegt werden. Die Feuerwehr-Companie teilte dem Feuerrat mit, dass sie ihre Übungen wieder aufnehmen werde. Aber schon am 2. April 1907 liess die Feuerwehr den Feuerrat wissen, dass sie wieder streike, wenn die Vorarbeiten zur Revision des Reglements nicht bald an die Hand genommen würden.

An der Sitzung des Feuerrates vom 29. Mai 1907 musste der Vorsitzende die Bildung eines Komitees zur Gründung einer freiwilligen Feuerwehr bekanntgeben. Den Initianten ging es hauptsächlich darum, den vorgesehenen Feuerwehrpflichtersatz zu beseitigen. Dieses Anliegen beschäftigte naturgemäss auch den Einwohnerrat und führte dazu, dass dieser der Gemeindeversammlung mit dem neuen Reglement einen Mehrheitsantrag auf Beibehaltung der Ersatzpflicht einem Minderheitsantrag ohne Ersatzpflicht gegenüberstellte. Die Gemeindeversammlung vom 29. Dezember 1907 entschied sich für den ersteren und genehmigte zugleich das Reglement. Dies hatte zur Folge, dass das Komitee dem Feuerrat schrieb, dass sich die freiwillige Feuerwehr aller seinerzeit eingegangenen Verpflichtungen enthoben betrachte, nachdem die Pflichtersatzsteuer beschlossen worden sei. Der Feuerrat wies diesen erneuten Streikversuch energisch zurück und wies Offiziere und Unteroffiziere an, ihre Pflichten und Aufgaben bis zur Neueinteilung zu erfüllen.

Die eingeführte Ersatzpflicht bestand in einer Personaltaxe von 1 Franken und einer Zuschlagstaxe, welche im Verhältnis des Gesamteinkommens aufgrund des kantonalen Steuerregisters zu berechnen war. Der Gesamtbetrag durfte jedoch 20 Franken nicht übersteigen. Die Ersatzpflicht hatte sich inzwischen eingebürgert, wurde aber von den Dienstleistenden Feuerwehrleuten wiederholt als zu niedrig befunden. Im Jahre 1914 verlangte die uniformierte Feuerwehr wiederum eine Änderung des Reglements, weil die Ersatzsteuer einfach zu niedrig angesetzt sei. Doch dazu konnte sich der Einwohnerrat noch nicht entschliessen. Aufgrund eines neuerlichen Vorstosses beantragte der Feuerrat dem Einwohnerrat gleich eine Erhöhung der Ersatzsteuer um hundert Prozent. Dieser unterbreitete der Gemeindeversammlung vom 25. März 1918 einen entsprechenden Antrag, der von ihr zum Beschluss erhoben wurde. Nachträglich musste dieser, weil «gesetzwidrig», rückgängig gemacht werden. Die Unzufriedenheit führte schliesslich zum neuen Reglement vom 24. Juni 1928. Es scheint, dass mit ihm Ruhe in das Korps eintrat. Wohl gab es später immer wieder Revisionen, die aber stets Verbesserungen und Anpassungen an eine neue Zeit brachten.